Hindernisse sicher springbar machen
- prschlemm
- vor 17 Stunden
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Die „ungleichen Schwestern“ hielten Familientreffen. Jagdreiter und Freunde der Vielseitigkeit kamen zusammen bei einem Dressur- und Geländeturnier des Reitervereins in Hamm-Rhynern.

Auf dem imposanten Cross Country-Platz am Holthöfener Weg diskutierten Reitmeister Martin Plewa und der VS-Trainer Elmar Siepmann die dort aufgebauten Hindernisse unter dem Aspekt der bestmöglichen Sicherheit bei der Gestaltung.

Dressur- und Geländeturnier? Diese durchaus ungewöhnliche Kombination erklärte Elmar Siepmann ganz einfach: „Ich hatte keine Lust, mir den ganzen Tag Dressur anzugucken, und da habe ich das mal vorgeschlagen. Ergebnis: wir lassen die Dressurarbeiter in Ruhe, aber am Nachmittag kommen immer mehr zu uns rüber und gucken zu.“ Von der Führzügelklasse bis zum Grand Prix Spezial tanzten die Sandplatz-Athleten über vier Tage auf mehreren Dressurvierecken – aber in der Geländepferdeprüfung der Klasse A bereits am Donnerstag waren es auch 151 (!) Starter, darunter auch Olympiasiegerin Julia Krajewski mit drei jungen Nachwuchspferden. Danach wurden bis Sonntagabend weitere Prüfungen über unterschiedliche Höhen absolviert. „Das sind unsere Hoffnungen für die Zukunft“, betonten die beiden VS-Experten.

Für den langjährigen Bundestrainer Martin Plewa steht fest: Reiten im Gelände gehört zu einer artgerechten Ausbildung eines Pferdes. Reiter müssen in der Lage sein, ihre Pferde draußen zu reiten, denn das ist die natürliche Umgebung für ein Pferd. „Ausschließlich Sandplatz oder Reithalle – das ist nicht pferdegerecht und auch nicht förderlich für die Erhaltung gesunder Pferdebeine.“ Außerdem macht es den Reiter sattelfester und dient damit der Sicherheit. Wichtig daher ist die Basisarbeit mit Einstiegsprüfungen über Hindernisse von nur 60 Zentimetern Höhe. Oder noch darunter: Cross Country- Reiterwettbewerbe. Auf das Jagdreiten ließe sich das übertragen: Teilnehmen an Hundearbeiten vor der ersten Schleppjagd.

Hindernisse für Einzelreiter im Gelände unterscheiden sich mittlerweile deutlich von denen, die für Reiter in Gruppen bei einer Schleppjagd aufgebaut werden, aber das Prinzip ist gleich: das Pferd muss zu Selbständigkeit gebracht werden und darf ab einem gewissen Zeitpunkt (der bei jedem Pferd unterschiedlich weit vor dem Sprung liegt) vor dem Absprung nicht mehr gestört werden. „Das Pferd machen lassen“, sagen die Trainer. Martin Plewa nannte dazu die vier Ausbildungsziele aus den Richtlinien der FN: Weg – Tempo – Rhythmus – Gleichgewicht.

Bei der Jahrestagung der Deutschen Schleppjagdvereinigung hat Elmar Siepmann referiert zum Sehvermögen des Pferdes, das sich in einigen Punkten stark von dem des Menschen unterscheidet. Martin Plewa hatte dazu den handfesten Hinweis auf einen Chromatic Vision Simulator, der auf dem Computerbildschirm zeigt, welche Farben das rotblinde Pferd wahrnimmt: aus Rot- werden Brauntöne, Kontraste verschwinden. Die Überprüfung auf der CV Simulator App sollte zum Hilfsmittel jedes Aufbauers auch für eine Schleppjagd werden.

Die Ausführungen in Rhynern waren sicherlich „buschlastig“ – aber wie sollte das auch anders sein bei der Betrachtung von Hindernissen, die für Vielseitigkeitswettkämpfe hingestellt wurden?

Einige allgemeingültige Kernpunkte in Stichworten trotzdem:
· Aufbau immer in Bezug zu den Sinnesorganen des Pferdes sehen
· Vom Dunkel ins Helle springen lassen. (Adaption des Pferdeauges braucht drei Sekunden. Vom Hellen ins Dunkle aber bis zu einer Minute).
· Klare Aufgabenstellung (deutliche Markierung der Grundlinie/ reinspringen oder drüber springen?)
· Grundlinie markieren auch bei Baumstämmen (Pferde können nicht perspektivisch sehen.)
· Absprung- und auch die Landestelle mach dem Sprung bei der Standortwahl beachten.
· Oberlinie eines Hindernisses wenn nicht gerade, dann eher wie ein Smiley, nicht umgekehrt.
· Wasser: Die Landung entweder klar auf sandigem Boden oder klar im Wasser anlegen und die Pferde mit einem klar erkennbarem Sprung ins Wasser bringen. Wassertiefe maximal 30 Zentimeter.
· Glatte Oberflächen schaffen, sehr borkige Rinde besser entfernen (Verletzungsgefahr bei Berührung)
· „Tische“ am besten mit leichter Steigung hinten nach oben Neigung – nicht waagerecht, ausreichend Profil schaffen. Markierungen an den vier Seiten erleichtern das Taxieren.
· In-Outs vermeiden (keinen zweiten Sprung in potenzieller Sturzzone des ersten.)
· „Sunken Roads“: die Pferde erst hoch und dann runter springen lassen, besser als umgekehrt.
· Bester Sicherheitstipp: Halsriemen nutzen - zur Vermeidung von im Maul ziehen oder in den Rücken fallen! (Bügelriemen mit Schnur oder Sporenriemen am Vorderzeug befestigen oder die (teurere) spezielle Vorderzeug-Version.)
Text und Bilder: Petra Schlemm
Komen