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DSJV-Tagung bei der Frankenmeute

Erst war es ein aus der Not geborenes Provisorium, jetzt ist es eine maßgeschneiderte Lösung für die Frankenmeute, die ihre Hunde nicht alle zusammen in einer großen, sondern in zwei kleineren Gruppen hält. Bei der Jahrestagung der Deutschen Schleppjagdvereinigung (DSJV) haben die Gastgeber ihr Konzept dann auch gleich ganz modern, nämlich digital per Bildschirm vorgeführt - nicht als Folge von Corona-Befürchtungen sondern aus logistischen Gründen, denn zwischen den beiden Kennels liegen gut 100 Kilometer Strecke und bis ins Fränkische Seenland - Stammland für ihre Schleppjagden hinter den Beagles - ist es noch einmal so weit.

Eine Meutehalter-Tagung ohne Hunde und aktive Equipage zu Pferd? Herzliche Gastfreundschaft, fränkische Küche und ganz viel Musik haben mehr als wettgemacht, was manche vorher vielleicht als Manko empfunden haben mögen.

Ein Konzert mit drei Bläsergruppen, emotional präsentiert von Frauke Zoll und ihrer Enkelin Jule, eröffnete das Jahrestreffen am Altmühlsee. Im Zusammenspiel mit der Orgel der evangelischen St. Andreaskirche in Weißenburg zeigten die Rallye Trompes franconiennes aus Nürnberg und die Es-Hörner der Schanzer Parforce Ingolstadt mit den Reiterlichen Jagdhornbläsern München die ganze Bandbreite ihrer Instrumente und boten mit den Hörnern als „Telefon des Waldes“ einen Streifzug durch die Geschichte des Reitens hinter Hunden.



Die Bläser leiteten denn auch über in den Nachmittag, als die tüchtige Helfermannschaft nicht nur zeigte wie in Franken gekocht und gebacken wird – von „sauren Zipfeln“ bis zu Tortenkreationen in Konditorqualität -

und wie für die Beagles aus der Not eine Tugend gemacht und Bürokratiemonster bekämpft werden: Einst hat eine Kündigung ihres bisherigen Standortes die Existenz der Meute bedroht. In Lauf in Mittelfranken betreut seither Birgit Hoepffner mit ihrem Mann Jürgen die Welpen und leistet Alten- und Krankenpflege für rund 20 Hunde, die dort echten Familienanschluss genießen. Weil das einem lärmempfindlichen Nachbarn nicht gefiel, traten aber gleich drei verschiedene Behörden – mit sehr gegensätzlichen Vorgaben - auf den Plan, und seither ist noch eine zweite Scheune bei Hoepffners zu einem zweistöckigen Luxus-Schlafhaus gemacht worden mit Lärmschutzfenstern („der Klasse 2!“), Lüftungsgittern, Schlafboxen und Notfalltüren. „Die Beagles geben aber nix auf Behörden-Vorschriften und schlafen nicht da, wo sie sollen, sondern lieber alle eng beieinander in der Einstreu“. Etwa 15 Junghunde und Rüden leben bei Master Uwe Hochbrückner und dem Vorsitzenden Dr. Armin Kirchdörfer in Bad Königshofen im Grabfeld, in Unterfranken. In einem früheren Damwildgehege können sie sich vergnügen, sie lernen dort Pferde kennen und üben Appellarbeit mit der Equipage. Nur zum Schleppentraining und zu den Jagden werden die beiden Gruppen zusammengeführt und arbeiten gemeinsam auf Trittsiegel. „Nichts hält so lange wie ein Provisorium“, erklärte Armin Kirchdörfer, „und für uns passt das einfach so wie es jetzt ist.“


Ganz wichtig auch: eine gut drei Monate währende Pause für alle, gleich nach der letzten Jagd Mitte November. Erst jetzt beginnt wieder die Vorbereitung auf die neue Saison. „Manche von uns fahren bis zu 200 Kilometer für ein Training und wir machen das alle als Freizeitvergnügen und arbeiten dafür. Das darf man nicht überstrapazieren“, erklärt Uwe Hochbrückner, der einen Handwerkbetrieb mit mehreren Angestellten führt. Dr. Kirchdörfer ist Tierarzt mit langen Arbeitstagen in seiner Fahrpraxis.



Das „Franken-Modell“ als mögliche Antwort auf die neue Hundeverordnung, die nur noch positive Bestärkung bei der Ausbildung vorsieht? Fast hatte es den Anschein in Anbetracht des Referats von Frank Wagner, der als Präsident des Jagdkynologischen Arbeitskreises in Bayern von seinem Dialog mit Politikern berichtete und aufzeigte wie die „grünen Jäger“ auf eine zumeist ablehnende nichtjagende Bevölkerung zugehen. Die Ausführungen des erfahrenen Ausbilders standen im Mittelpunkt der DSJV-Mitgliederversammlung als Abschluss der Tagung. Der DSJV-Vorsitzende, Egbert v. Schultzendorff und die Referenten für Hunting und Zucht ließen das Jahr Revue passieren und Berichte aus den einzelnen Meuten zeigten, dass die Schleppjagd Tritt gefasst hat und neue Ideen verwirklicht: Schnupperdemos für Neueinsteiger, jagdliche Ausritte am Vortag der eigentlichen Jagd, ein Kindertag im Reiterpark Süseler Baum mit Sinalco beim Stelldichein oder eine Einladung an gestandene Buschreiter wie beim RWS. Das alles zielt darauf, neue Reiter für den Ritt an den Hunden zu begeistern. In kommenden Jahr 2024 tagt die DSJV-Gemeinschaft in Westfalen bei der Cappenberger Meute.



Eine Jahrestagung für Meutehalter ohne den Geruch von Hunden und Pferden? Geht! Master Hochbrückner brachte das ganz locker-ironisch rüber zu seinen Kollegen: „Wir kennen das doch alle wie Schleppjagd läuft: Hunde bellen - Pferde rennen – Horrido - Juchhe. Wer uns reiten sehen will, der kann ja mal zu einer Schleppjagd kommen.“ Das scheint eine gute Idee, denn der Reiterhof am Altmühlsee, wo die Franken seit mehr als 40 Jahre bis zu drei Schleppjagden jährlich veranstalten ist eine gute Adresse und die weite Landschaft mit den sanften grünen Hügeln ohne irgendeinen Zaun lädt förmlich ein, sie auf dem Pferderücken zu erkunden.

Text und Fotos: Petra Schlemm


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